Heizen mit Weizen?

Überall suchen wir nach alternativen Brennstoffen, um unseren heutigen Komfort aufrechtzuerhalten. Ohne Änderung unseres Verhaltens und unserer energieintensiven Lebensweise wird das nicht gehen. Da ist das Verheizen des so emotionell besetzten Brot-Grundstoff 'Weizen' die richtige Grundlage für eine Diskussion über die (endlichen) nachwachsende Rohstoffe, die wir führen müssen.
Lesen Sie, welche Perspektiven billige (und EU-subventionierte) Lebensmittel möglich machen: Getreide als 'Energiepflanzen' zu verheizen, ist jetzt billiger als Erdöl. Hier verheizen wir unsere Lebensmittel, um es damit kurz warm zu haben - anderswo hungern Millionen.
 
Weizen als Heizmaterial war 2005 halb so teuer wie Heizöl!
Heute werden Lebensmittel ver'biogast'.

Inhalt

  1. Ist Getreide auch nur ein einfacher 'nachwachsender Rohstoff'?
  2. Heizen mit Weizen?
  3. Mehr technische Infos zum Brennstoff Weizen
  4. Schadstoffbilanz verschiedener Brennstoffe
  5. Über die 'Unendlichkeit' nachwachsender Rohstoffe

 

Nachwachsende Rohstoffe

Die seit 2000 richtig steigenden Ölpreise haben reale Gründe: PeakOil!
  1. Das größte Ölfeld der Nordsee hat sein Maximum überschritten und
  2. Russland hat sein Öl-Maximum überschritten
Daher ist uns jetzt 'jedes Mittel' recht, steigende Energiepreise zu dämpfen und auf Alternativen umzusteigen? ...was allerdings bei der (anderen) Biomasse schon längst Alltag ist:
  • Die Spekulation auf Lebensmittel lässt deren Preise stiegen: Interview mit Dirk Müller in Telepolis.
  • Energiepflanzen extra anzubauen und sie in Biogasanlagen zu vergären, um damit Strom zu erzeugen, ist heute schon üblich und wirtschaftlich, selbst wenn die Millionen teuren Biogasanlagen voll per Bank finanziert werden: Das alternative Energien-Einspeise Gesetz macht's möglich.
  • ... und einen Korn (aus vergorenem Weizen) trinken Sie doch auch mal?
  • Der Telepolis-Artikel Biomasse - Energiequelle oder Lebensmittel? setzt sich mit dem Potenzial der Biomasse auseinander.
  • Auf der guten und informativen Website von Franz J. Pentenrieder finden Sie ein Forum, Gegner und Sponsoren. Alle Achtung - der Landwirt ist auf Draht!
  • Praxis-Beispiel: Gerold Hochatz in Bebertal hat sich eine 80kW-Anlage von Ala-Talkkari hingestellt.
  • Alternative Briketts: Hanfbriketts!
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Die alles bestimmende Frage ist letztendlich wohl:
'Was sind und unsere Lebensmittel heute noch wert?'

Diesen Fragen ist der freie Journalist Bernward Janzing nachgegangen und die Frankfurter Rundschau hat seinen Artikel am 20.11.2001 veröffentlicht. Wir danken Herrn Janzing für die Genehmigung, dass wir seinen Artikel hier veröffentlichen können.


Heizen mit Weizen

Eine neue Debatte: Darf man Getreide verbrennen, weil es billiger ist als Öl?
 
Von Bernward Janzing
 
Bauer Franz Pentenrieder glaubt an den neuen Brennstoff. Aus technischer Sicht nämlich sei dieser problemlos nutzbar: 'Eine Heizung dafür kann jeder Dorfschmied zusammenbauen.' Und wirtschaftlich interessant ist der Brennstoff seit dem Anstieg der Heizölpreise auch. Das Problem liegt auf anderer Ebene: "Es traut sich niemand, ihn zu nutzen." Der Brennstoff lässt vielerorts ethische Bedenken aufkeimen: Es ist Getreide.
      Es war nur eine Frage der Zeit, bis das Thema hochkochen mußte. Denn die Erkenntnis, die Pentenrieder auch auf seiner Internetseite präsentiert, ist Jahrzehnte alt: "Die Preisuntergrenze der Agrarprodukte wird von ihrem Heizwert bestimmt!" Erstmals wird diese Erkenntnis nun relevant: Der Verfall des Weizenpreises hat dazu geführt, dass die Kilowattstunde Wärme aus dem Weizenfeuer heute billiger ist als jene aus dem Ölfeuer. Logische Reaktion des Marktes: Weizen wird zum Brennstoff.
      Pentenrieder sieht die Getreideheizung nüchtern: 'Wo ist der Unterschied?', fragt der bayerische Landwirt und verweist darauf, dass man auch bei der Vergärung von Silomais in der Biogasanlage und der Verbrennung von Rapsöl im Dieselmotor Lebensmittel energetisch nutzt. Der Aufruhr beruht mehr auf psychologischen als auf rationalen Bedenken.
 
Beim Weizen gehe es 'um ein Ur-Lebensmittel', sagt Thomas Forstreuter, Energiereferent beim Deutschen Bauernverband. Und damit tangiere das Weizenfeuer die 'moralisch-ethische Grundhaltung' vieler Menschen stärker als die Energienutzung anderer Lebensmittel. Da der Verband andererseits die Energiegewinnung aus Biomasse 'grundsätzlich sehr unterstützt', habe man sich noch nicht auf eine eindeutige Position geeinigt, so Forstreuter. Ähnlich unentschieden ist die Position der Bundesinitiative Bio-Energie (BBE): 'Das birgt Sprengstoff', sagt BBE-Sprecher Bernd Geisen. Doch er räumt ein, dass es Argumente für den Anbau von Energiegetreide auf sonst brachliegenden Flächen gebe. Oder soll man beim Anbau von Energiepflanzen auf diesen Flächen nur auf nicht-essbare Pflanzen zurückgreifen, selbst wenn diese geringere Erträge bringen?
 
Energiegetreide ist bisher kaum verbreitet. Laut Bundeslandwirtschaftsministerium wird es in Deutschland derzeit erst auf 230 Hektar Stilllegungsflächen angebaut. 'Versuchsweise zugelassen' habe man dies, so Ministeriumssprecherin Katrin Ohse, auch um zu testen, ob eine Entkoppelung der Märkte von Energiegetreide und Nährgetreide klappt. Denn man müsse 'sauber trennen können'. Andernfalls gerate die gesamte Landwirtschaftspolitik aus den Fugen. Auch Feldfrüchte, die zur energetischen Nutzung angebaut werden, müssen denaturiert werden.
      Erste Anbieter für das 'neue' Korn gibt es bereits. 'Energiegetreide - die ganze Kraft der Natur' wirbt die Firma Stückrad aus Rotenburg an der Fulda. Chef Karl-Heinz Stückrad setzt auf Triticale, eine durch Kreuzung von Weizen und Roggen vor 100 Jahren gezüchtete Getreideart: 'Da sind die Erträge am größten.' Um Verwechslungen auszuschließen, wird das Energiegetreide schon bei der Ernte blau eingefärbt. Beim Kunden wird es angeliefert per Silotankwagen - die Logistik für den neuen Brennstoff steht also bereits.
      Doch während Stückrad bereits versichert, das Energiekorn sei 'einsetzbar in allen Öfen und Heizungsanlagen, die für Holzpellets geeignet sind', wird an Technik und Brennstoff andernorts weiterhin geforscht. Zum Beispiel an der Landwirtschaftlichen Fachschule im niederösterreichischen Tulln. Dort ergaben Versuche, dass 2,7 Kilogramm Gerste einen Liter extraleichtes Heizöl ersetzen. Josef Rosner von der landwirtschaftlichen Koordinierungsstelle für Forschung und Bildung in Tulln erläutert die weitere Forschung: 'Unser Ziel ist es, Sorten mit wenig bis gar keinem Pflanzenschutz und einer Minimaldüngung mit geringem Eiweißgehalt und hohem Ertrag zu finden.' Geringer Eiweißgehalt reduziert die Stickoxide im Abgas.
 
Auch im Zentrum für nachwachsende Rohstoffe im Landwirtschaftszentrum Haus Düsse im nordrhein-westfälischen Bad Sassendorf laufen Tests zur Getreideverbrennung. Unverändert lasse sich ein Holzbrenner nicht für Korn nutzen, heißt es dort, weil der Schmelzpunkt der Getreideasche bei nur 700 bis 800 Grad Celsius liegt, jener von Holzasche aber bei 1200 Grad. Man müsse den Brenner so auslegen, dass die Asche kühl genug bleibt und ständig in Bewegung ist, damit sie nicht 'verbacken' kann. Karsten Block vom Haus Düsse rechnet vor, dass selbst bei extensiver Nutzung auf einem Hektar Ackerland im Landkreis Westfalen-Lippe ein Äquivalent von 3600 Liter Öl gewonnen werden kann. Allerdings, schränkt er ein, mache die Verbrennung von Getreide nur in der Landwirtschaft selbst Sinn, weil Umschlag und Verteilungskosten ansonsten allzu sehr an der Marge zehren, die dem Nutzer im Vergleich zum Öl bleibt.
      'Der erste Gedanke daran, Getreide zu verbrennen, ist immer abschreckend', meint Block. Doch weil 'weitere Einbußen im Preis zu befürchten' seien, sei es 'legitim, sich neben dem Absatzmarkt Brotgetreide und Futtergetreide auch die energetische Verwertung näher anzusehen'. Er rechnet vor: Bei einem Heizölpreis von 40 Cent pro Liter und einem Getreidepreis von 10 Cent je Kilo kostet die Wärme aus der Getreideheizung 41 Prozent weniger als die Wärme aus der Ölheizung.
      Diese Fakten sind es, die das Getreidefeuer, ob man will oder nicht, voranbringen werden. So ist das eigentlich Bedenkliche der niedrige Getreidepreis. Denn in ihm, formuliert Block, drücke sich die 'geringe Wertschätzung von Lebensmitteln' aus. Und nicht darin, was man am Ende mit dem Getreide macht.
Copyright © Frankfurter Rundschau 2001
Erscheinungsdatum 20.11.2001
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Technische Infos zum Brennstoff Weizen


Wir heizen mit Getreide. Was sind die Konsequenzen?

Pro

  • Es ist ein nachwachsender Rohstoff
  • sehr kostengünstig im Vergleich zu Heizöl: bei 100 Euro/Tonne Getreide entspricht das 0,25 EuroCent/Liter Heizöl)
  • Es gibt große Reststoffmengen (Fusariumbefall, Ausputz etc..)
  • Entsorgungskosten werden beim Verheizen gespart
  • Es gibt ein Verschneidungsverbot seit 01.07.2004
  • Ab 2005 ist auch keine Deponierung mehr erlaubt (TA Siedlungsabfall)
  • Hohe Dichte, gute Homogenität, daher optimale Transport- und Dosiermöglichkeiten (wie Pellets)
  • Logistik für Ernte, Lagerung, Fördertechnik, Brennstoffzuführung ist vorhanden
  • Heizwert ähnlich wie bei Holzbrennstoffen
  • noch keine ausgereifte Verbrennungstechnik vorhanden (Der Entwicklungsstand von Getreide- und Halmgutverbrennungsanlagen hinkt dem von Holzfeuerungsanlagen weit hinterher; großes technisches Entwicklungspotential)
  • große Mengen Schadgetreide können gut in Großfeuerungsanlagen entsorgt werden (freie Kapazitäten, gute Rauchgasreinigung)

Contra

  1. Bestehende Gesetze
    1.BImSchV,§ 3, Brennstoffe: Getreide ist kein zugelassener Brennstoff nach der 1.BImSchV, Entscheidung über Zuordnung ist Ländersache
    • darf nicht in Anlagen kleiner 15 kW eingesetzt werden( Pelletsöfen)
    • für Anlagen ab 100kW FWL greift die 4.BImSchV (also erhöhter Aufwand für Genehmigung und Emissionsüberwachung, Sonderbrennstoff)
    • derzeit ungeklärte rechtliche Situation, Klärung durch BMU und LAI erforderlich
    • Änderung der 1.BImSchV steht bevor - (Zulassung als Regelbrennstoff ? schärfere Grenzwerte?)
    • vor Inbetriebnahme einer Getreidefeuerungsanlage muss eine Ausnahmegenehmigung eingeholt werden (in z. T. Bayern möglich)
    • Sonderregelung des StMLU für 30%ige Beimischung von Getreide in Holzfeuerungsanlagen besteht nicht mehr
  2. Emissionen
    • Große Abweichungen der Brennstoffeigenschaften und Inhaltsstoffe im Vergleich zu Holzbrennstoffen:
      • höherer Aschegehalt
      • niedrigerer Ascheerweichungspunkt. (Ein gewisses Problem stellt das im Getreide enthaltene Silicium dar, da es sich beim Verbrennen mit dem ebenfalls enthaltenen Calcium zu Siliciumcarbid verschmilzt (die Ascheschlacke) und diese fast diamanthart ist und daher die Ascheaustragsysteme sehr stark verschleisst.)
      • Getreide: höhere Gehalte an Stickstoff; auch durch Kulturmaßnahmen lässt sich N-Gehalt nicht senken
    • Höhere Gehalte an Chlor und Schwefel, Auswirkungen auf Emissionen bei der Verbrennung:
      • hohe Staubgehalte, Grenzwerte der 1. BImSchV werden i.d.R. nicht eingehalten
      • Getreide: sehr hohe NOx-Emissionen (jedoch kein Grenzwert nach 1. BImSchV)
      • hohe Chloremissionen
      • SOx-Emissionen bleiben unter Grenzwert
  3. Brennstoffeigenschaften
    Emissionen im Anlagenbetrieb, weitere Auswirkungen:
    • CO-Emissionsgrenzwerte werden problemlos eingehalten
    • Chlor kann zu HCl im Rauchgas werden, Korrosionen vor allem am Wärmetauscher möglich; sehr widersprüchliche Erfahrungen der Hersteller
    • Getreide: Geruchsbelästigungen; stärkere und unangenehmere Gerüche als bei Holzheizungen (Teillastbereich); Pufferspeicher, kein Gluterhaltungsbetrieb
    • Rapskörner brennen besser als andere Getreidearten, verursachen aber noch stärkere Geruchsbelästigungen
    • Getreideverbrennungsanlagen sollten daher nicht in der Nähe von Wohnsiedlungen betrieben werden
[ Quelle: Aus dem Fachforum CARMEN eV 25.9.2004, vorgetragen von Dr.Ruth. Brökeland]

Eine Rauchgaswäsche wird bei flächenweitem Einsatz wohl unverzichtbar sein.
 

Aus der Praxis: Getreide in Pelletsbrennern

'Unter www.naturwaermetechnik.de finden Sie einen Pellet/Getreidebrenner, den Sie ziemlich einfach in einen vorhandenen Festbrennstoffkessel einbauen können. Der Brenner IWABO 30kW-C ist ein Kombibrenner für Holzpellets und Getreide, der in den skandinavischen Ländern oft für Getreide verwendet wird. Der Brenner ist auch einer der wenigen (wenn nicht der Einzige), der eine TÜV-Prüfung bestanden hat. Mehrere 100 Brenner sind schon seit Jahren im Einsatz z.B.in Dänemark und Schweden. Die Erfahrung hat gezeigt, dass der Brenner mit Hafer am besten zurecht kommt. Hafer hat auch den besten Brennwert, danach folgt Weizen und Gerste. Der Brenner schafft mit Hafer 22kW, Weizen 18kW und Gerste 12kW. Es muss Ihnen klar sein, dass das verfeuern von Getreide eine größere Menge von Asche bedeutet. Es ist somit empfohlen, (wenn der Kessel das zulässt) eine automatische Entaschung einzubauen (gibt es als Universalbausatz). Das Problem mit Getreideverbrennung ist wie hier zu lesen ist, die Schlackenbildung auf dem Brennerrost. Dieses Problem ist mit dem Einsatz unseres Brenners gelöst. Beachtet werden muss die Feuchte des Getreides. Wir empfehlen eine Feuchte von weniger als 11% wegen der automatischen Zündung des Brenners.'
(aus: Forum HaustechnikDialog)
 
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Schadstoffbilanz verschiedener Brennstoffe

Schadstoffbilanz Brennstoff
Schadstoffbilanz verschiedener Brennstoffe: Pellets, Hackschnitzel, Erdgas, Heizöl, Braunkohle, Steinkohlebriketts
 
Diese und andere verkaufsfördernde Grafiken wie Preise werden von der 'Initiative Pro Pellets' veröffentlicht.
 
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Über die 'Unendlichkeit' nachwachsender Rohstoffe

Um die Energieprobleme des nächsten Jahrtausends zu lösen, haben wir neben der Sonne nur den einen Partner: die Pflanzen.
      Sie haben das Klima und den Energiehaushalt dieses Planeten seit Millionen von Jahren gemanagt und sind, was den Erhalt des Lebens angeht, die besten Lehrmeister, die wir uns wünschen können. Sie vollbringen keine Wunder, aber ihre Organisations- und Produktionsstruktur, ihre sanfte und rückstandslose Verwandlung von Sonnenlicht in Energie, ist der destruktiven menschlichen Wirtschaftsweise bei weitem überlegen.
      Wenn wir nach Modellen für das Überleben im 3.Jahrtausend suchen, nach Methoden, die unseren Urenkeln eine intakte, lebensfähige Biosphäre erhalten, brauchen wir keine dicken Theoriebücher und Hochleistungsrechner. Wir müssen uns nur die großartigen Vorbilder ansehen, die noch die kleinste Asphaltritze, die in unseren Betonwüsten immer wieder aufbrechen, zu Demonstrationszwecken nutzen: die Pflanzen. Ihre grüne Kraft stellt alles bereit, was wir auf dieser Erde brauchen.
[Zitat M. Bröckers, 'Alternative Hanf']

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Seite erstellt am 20.11.2001, letzte Änderung 12:39 6.8.2011, Samstag